Syrien – Erst kommt das Fressen, dann kommt die Moral.

Feb 7, 2014

Eigentlich wollte ich heute die Woche mit den Maronengnocchi nach Johann Lafer abschließen. Aber so kann ich es nicht mehr. Nicht mehr, seit ich gestern Abend im Fernsehen eine syrische Frau voller Schmerz über ihr totes Kind habe weinen und schreien hören. Zwei Millionen Kinder leiden in Syrien an Unterernährung und sterben ihren Müttern unter den Händen weg. Es ist ein furchtbares Drama. Und ich mache hier Fotos von meinem Essen und stelle Rezepte ein!
Scham. Ich schlage die Hände vors Gesicht, denke an meine Kinder, die so wohl genährt sind.
Es muss sich etwas verändern auf der Welt! Ich möchte nicht mehr bei gutem Essen sitzen – wissend, dass zur gleichen Zeit eine Mutter ihr verhungertes Kind beweint. Ich möchte keine Fotos von gutem Essen mehr machen, ohne darauf hinzuweisen, dass es wichtiger wäre, allen Menschen auf dieser Erde ein menschenwürdiges Leben zu ermöglichen!
Während nämlich in Syrien die Kinder elend verhungern müssen, schießen hier die Foodblogs wie Pilze aus dem feuchten Winterboden. Anderswo wird es Mode, sich selber beim Essen zu filmen und damit im Internet online zu gehen, um Geld zu verdienen.
Eine absurde Situation: Ich gerate auf Facebook in eine völlig unsachliche und unfaire Kritik, weil ich mich weigere, in eine verächtliche Haltung gegenüber den Menschen, die sich von Fertignahrung ernähren, einzustimmen. Die Frau, die es jetzt vorzieht, mich zu ignorieren, hat nicht begriffen, wer ich bin und worum es mir geht. Woanders nämlich geht es gar nicht um Tüte oder nicht, sondern nur ums nackte Überleben. Eine verächtlich moralisierende Haltung gegenüber jeglicher Nahrung, kann sich ein syrischer Flüchtling oder ein Kind aus einer deutschen Hartz 4-Familie nämlich gar nicht leisten. Oder wie Brecht schon sagte: Erst kommt das Fressen, dann kommt die Moral. Ich begreife, dass das hier nur Scheingefechte sind. Verschwendete Energie.
Das Kind, das ich im Fernsehen gesehen habe, ist verhungert. Haut und Knochen. Es wäre ihm völlig egal gewesen, wie das Essen zubereitet wurde. Es brauchte einfach etwas zu essen. Die Mütter kochen Gras aus, um etwas gegen das Hungergefühl zu tun. Kochen Wasser mit etwas Salz.
Diese, nur diese eine Mutter, eine Mutter von so vielen, zusammenbrechend, als das Kind stirbt. Ich sehe sie vor mir, sehe das Kind.
Was können wir tun, um diesen Menschen, diesen Müttern, diesen Kindern zu helfen?
Was kann jeder einzelne von uns heute tun? Wie geht Ihr mit solchen Nachrichten um?
Das erste, was ich gemacht habe, war bei der UNO-Flüchtlingshilfe zu spenden.
Wir Foodblogger stehen in der Pflicht, hier aufmerksam zu machen.
Nicht nur für das gute Brot hierzulande, sondern für das Brot für alle Menschenkinder.
Habt Ihr weitere Ideen, wie wir helfen können? Habt Ihr persönlich schon etwas gegen den Hunger der syrischen Kinder unternommen? Oder gegen den Hunger, den manche Kinder auch in diesem, unserem eigenen Land, aushalten müssen? Ich möchte die Aktion Blogger für Backen mit Zeit und Geschmack vernetzen mit der Hilfe für hungernde Kinder. Ich kann so nicht weiter machen.
Wie geht es Euch damit?

14 Comments

  1. Susanne

    Ein schwieriges Thema, Yushka. Man kann spenden, an Organisationen, bei denen man sich sicher ist, dass die Hilfe auch ankommt.
    Was mich zur Zeit umtreibt, ist ein Thema, bei dem es nicht um den Mangel an Geld geht, sondern um den Mangel an Interesse. An der neuen Schule meines Großen gibt es einen Haufen KInder, die keine geregelten Mahlzeiten bekommen. Nicht weil das Geld dafür fehlt, sondern weil die Eltern es nicht auf die Reihe kriegen. Diese Kinder hungern nicht – sie bekommen ihr Frühstück von der Schule. Es gibt auch Organisationen, die sich um das Mittagessen kümmern. Und ich denke immer, natürlich sollen sie frühstücken. Aber sollte nicht jemand den Eltern beibringen, wie man seine Kinder ernährt?

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    • SUGARPRINCESS

      Es ist gut, dass es Organisationen gibt, die solchen Kindern Essen austeilen. So haben sie wenigstens zwei geregelte Mahlzeiten am Tag. Vielleicht wäre es wichtig herauszufinden warum die Eltern nicht in der Lage sind, ihren Kindern geregelte Mahlzeiten zu geben. Du sagst, es sei Mangel an Interesse. Ist das wirklich so? Oder verlassen diese Eltern sich vielleicht gerne auf die Hilfe der Organisationen, weil sie selbst so einen stressigen Alltag haben? In jedem Fall wäre es wichtig, mit den einzelnen zu sprechen und sie selber dazu zu hören.
      Ich frage mich aber auch, was wir als Foodblogger tun könnten. Meine Grundrezepte-Serie will ich weiter ausbauen. Vielleicht eine Reihe besonders einfacher, schneller und trotzdem gesunder Gerichte speziell für Kinder.
      Und was den Hunger in Syrien angeht (oder auch in anderen Ländern), muss es doch möglich sein, dass wir uns als Blogger zusammenschliessen und alle gemeinsam zum Spenden aufrufen und durch Postings aufmerksam machen.

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    • Isabel

      Hallo Yushka, ich verstehe, was Du meinst, wenn Du sagst, dass es einem natürlich wie pure Zeitverschwendung vorkommt, wenn man leckere Rezepte für eine Wohlstandsgesellschaft postet anstatt aktiv den blanken Hunger zu bekämpfen und ums Überleben zu kämpfen. Die Idee als Foodblogger aktiv zu werden und der Not, die weit weg von unserer "heilen Welt" ist, ins Esszimmer bzw. in die Küche zu holen, finde ich eine tolle Idee.

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    • Isabel

      Liebe Yushka, ich verstehe, was Du meinst, wenn es Dir sinnlos vorkommt, wenn man seine Zeit am Computer verbringt, um leckere Rezepte für eine Wohlstandsgesellschaft zu posten, anstatt aktiv den Hunger zu bekämpfen oder aktiv ums Überleben zu kämpfen. Die Idee als Foodblogger aktiv zu Spenden aufzurufen und die bittere Armut und das Elend in das Esszimmer oder in die Küche anderer Blogger zu holen und somit den Schicksalen in so weiter Ferne, ein Gesicht zu geben, finde ich eine tolle Idee.

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    • SUGARPRINCESS

      Liebe Isabel, mit der Zeitverschwendung meinte ich nicht das Posten von schönen Rezepten, sondern die Tatsache, dass ich mich auf Facebook mit einer recht ausfällig werdenden Kommentatorin meines Kapü-Rezepts auseinandersetzen musste. Ich fand es völlig unnötig, dass sie mich so extrem angegriffen hat, obwohl ich ihr nicht einmal was getan hatte – diese Auseinandersetzung war für mich die Zeitverschwendung. Dennoch habe ich nach dem Beitrag im Fernsehen wirklich Schwierigkeiten, hier einfach so weiter zu machen. Aber ich habe ja jetzt auch sehr deutlich gemacht, was ich denke und zum Spenden aufgerufen. Möglicherweise kann ich einen Spendenbutton auf Sugarprincess einbauen und ich werde sicher noch öfter auf das Thema zurück kommen.

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  2. Karin Anderson

    Du hast Recht, Yushka. Ich habe hier in den USA schon für Feeding America gespendet und unsere örtliche Food Bank. Zwar herrschen hier keine solch furchtbaren Zustände wie in Syrien, aber viele Kinder leben (in diesem reichen Land) in grosser Armut und leiden Hunger.

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    • SUGARPRINCESS

      Es ist so erschreckend – immer trifft es die Schwächsten. Und das, was in Syrien passiert, ist schlicht Mord.

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  3. Anonym

    Liebe Yushka, auch in Deutschland gibt es hungernde Kinder und Armut nur wollen die meisten das nicht sehen und man zeigt es aus Scham nicht denn sowas kann es hier ja nicht geben

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    • SUGARPRINCESS

      Ja, das gibt es auch hier – leider. Aber immerhin gibt es hier auch einige Einrichtungen, bei denen die hungrigen Kinder etwas bekommen können. In Syrien bekommen sie nichts, nichts, nichts. Sie sterben an ihrem Hunger.

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  4. Nadja aus KA

    Liebe Yushka! Welche Wohltat, dass du dir diese Gedanken machst und diese auch ansprichst! Diese Themen treiben mich auch um und ich finde sehr wohl, dass sie auf einem so vortrefflichen Foodblog ihre Berechtigung haben!
    Syrien – spenden – das ist das Eine. Die Bilder, die du beschrieben hast, haben mir gerade nur beim Lesen Gänsehaut gemacht.
    Das Andere ist ganz klar die Armut im eigenen Land.
    Eine Möglichkeit sind hier die Tafelläden. Bei uns in der Kirche steht eine große Kiste, in die jederzeit Spenden gelegt werden können. In letzter Zeit war immer wieder zu hören, dass die Tafelläden – durch die verbesserte Logistik der großen Supermärkte – immer weniger Spenden bekommen. Haltbare Dinge – wie z.B. Reis, Nudeln, aber auch Shampoo, Zahnpasta, etc. waren schon immer eine Engpass. Wir gehen mit der Schule mindestens zweimal im Jahr im Rahmen des Religionsunterrichts und spenden in die Kiste. Das ist für die Kinder immer wieder sehr eindrucksvoll: Am Anfang ist die Kiste leer; und wenn jede(r) nur einen Artikel reinlegt, ist sie voll! Der Dank des Tafelladens kommt jedes Mal prompt!
    Zum Einen wird so geholfen, zum Anderen das Prinzip Hilfe angebahnt….
    Gerade Kinder gehen damit noch sehr offen und herzlich um!
    Ich wünsche dir eine gute Woche!
    Herzliche Grüße aus Karlsruhe,
    Nadja

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    • SUGARPRINCESS

      Die Tafeln sind eine sehr gute Einrichtung, ohne Zweifel. Auch die Arche in Berlin ist so ein herausragendes Projekt. Aber dennoch: Es ist wichtig, dass wir alle hier etwas für die Kinder in Syrien spenden. Es ist eine so unerträgliche Katastrophe!

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  5. Franzi von Dynamite Cakes

    Hi Yushka,
    ich bin jeden Tag dankbar, dass ich eine warme Wohnung habe. Ich bin dankbar, dass ich jederzeit etwas zu essen habe. Ich bin dankbar, dass ich eine wohlbehütete Kindheit hatte. Ich bin für so vieles dankbar, und möchte so gerne dieses ganze Leid der Welt bekämpfen. Doch man kann es einfach nicht – jedenfalls nicht das gesamte Leid.

    Mein Mann und ich haben uns lange unterhalten, was wir als Einzelperson tun können. Nachdem uns beiden klar war, was uns wichtig ist, haben wir eine Organisation gesucht, die genau das macht, was wir uns zur Leidminimierung wünschen. Seit einem Jahr sind wir Pate bei WorldVision und spenden einen monatlichen Beitrag für unser Patenkind. Regelmäßig bekommen wir Briefe von ihm zugesandt und verschicken selbst. Auch werden wir regelmäßig über die Entwicklung auf dem Laufenden gehalten, auch was mit unserer Spende erreicht wird.

    Wenn ich könnte, wie ich wollte, würde ich viel mehr tun. Als Foodblogger kann man aber auch gut für die hungerleidenden Kinder im eigenem Land (indirekt) etwas tun -> die ganzen Aktionen, mit wenig Geld etwas Essbares zu kochen/backen, wäre doch auch ein guter Beitrag. Hätte man die Zeit, könnte man auch Kochkurse in den Einrichtungen anbieten, usw. Es gibt so viele Möglichkeiten.

    Tja, und Syrien – heute ist es Syrien, morgen Ägypten, übermorgen Bangladesh. Diese elendige Leid (es zerreißt mich, je länger ich darüber nachdenke), politisch hervorgerufen. Und genau da muss angesetzt werden. Bei der Politik. Geld zu spenden ist das eine, sich langfristig politisch zu engagieren das andere.

    Liebe Grüße, Franzi

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    • SUGARPRINCESS

      Da hast du sicher recht, Franzi. Politisches Engagement wäre auch nicht verkehrt. Aber wir Foodblogger haben dafür auch ein starkes und weitreichendes Organ – wir können, wenn wir uns für solche Aktionen zusammenschließen, so viele Menschen erreichen und aufmerksam machen. Diesen Beitrag hier hat zum Beispiel nur eine Foodbloggerin geteilt. Das finde ich schon mal toll, aber ich hätte mir mehr Teilungen und somit mehr Aufmerksamkeit für das Thema gewünscht. Bei der roten Bäckerschnecke war das ganz anders – die hat sich im gesamten Bloggernetz verbreitet. Vielleicht sollten wir einen Button erfinden, der zum Spenden und zum Engagement auffordert… Ich bin da immer noch nicht schlüssig, aber das Thema sollte nicht in Vergessenheit geraten. Jeden Tag sterben in Syrien die Kinder. Jeden Tag könnten einzelne mit ihren Spenden das Elend lindern. Wir sollten weiterhin gemeinsam nachdenken, wie wir noch mehr tun können.
      Liebe Grüße zurück, Yushka

      Reply
    • Franzi von Dynamite Cakes

      Unabhängig von deinem Artikel hier, hatte ich eh vor, demnächst über WorldVision zu schreiben 😉 Ich kam auf die Idee durch die ganzen Aktionen bei einigen Foodbloggern – 5 Euro für 2 – "Einkauf" bei der Tafel – aber auch deine Wochenlisten. Allesamt beschäftigen sich damit, wie man bewußt, gezielt und nahrhaft sich und seine Familie ernährt. Dass es dabei auch günstig gehen muss ist ein schöner Nebeneffekt für alle. <- Das alles als Gedanke für das eigene Land.

      Darüber hinaus aber eben auch auf das Leid in der Welt aufmerksam machen – und was sich in den letzten 50 Jahren dahingehend verändert hat.

      Ja, wir könnten überlegen, wie wir daraus eine Serie machen – ich habe da auch schon eine Idee, die ich noch etwas weiter spinnen möchte. Ich werde dich auf dem Laufenden halten 🙂
      Liebe Grüße, Franzi

      Reply

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